Çay bis Chacha

Tag: 167

Geradelte km: 5.812 (+365 km Zug)

Geradelte hm: 59.050 

Spenden: 1.391,09 € 

Zu zweit von Kappadokien nach Batumi

Bevor wir euch auf die Reise durch Georgien mitnehmen, müsst ihr noch Cay trinken und abwarten, denn die Türkei ist groß.

Auf geht´s!

„Wird der Weg nicht zu schmal für uns?“ „Naaaaaa, das geht si scho aus, oder vielleicht doch nicht ?“ 

„Turn on the ´fan´!“ 

Wir bahnen uns den letzten Weg durch Kappadokiens Tuff- Landschaften! Dort, wo man sich sonst nur zu Fuß bewegt – heißts es für uns Vorderräder samt Gepäck anheben, Füße links und rechts platzieren und das Rad langsam durch den Hohlweg manövrieren. Arm – Workout: done! 

Wir blicken noch einmal mit einem breiten Grinsen zurück und machen uns auf Richtung Osten, wir haben ja heute schließlich noch etwas zu feiern. 5 Monate unterwegs! Was gönnen wir uns? Genau ein 8 Sterne Wellness Spa Hotel mit extravagantem Pool. Der romantische Faktor wurde durch ein warmwasserspendendes Rohr vervollständigt, vor dem wir eng beieinander saßen, damit uns unsere Zehen nicht abfrieren.

Frisch und duftend machten wir uns weiter auf über die Berge. Hungeeeeer! Weit und breit nix, so wurden uns 2 Fladenbrote bei einer Moschee geschenkt. Im spärlich ausgestatteten Laden nebenan fanden wir nur Cookies. Der Ladenbesitzer redete jedoch in türkisch auf uns ein. Gestikulierte, dass er uns Brot und Essen besorgen kann. Wir lehnten dankend ab, wir hatten ja schon Brot und noch ein paar Reste vom Vortag in unseren Taschen. Aber wie das halt so ist: Nachdem wir unsere Bäuche im Park daneben mit Brot, Tahini, Tomate, etc. vollgeschlagen hatten, kam die Frau des Ladenbesitzers. Mit einem Tablett voller Köstlichkeiten! Wir schlugen nochmals zu. Danke! Schließlich luden wir uns mehr oder weniger selbst bei ihr in der Küche zu Cay ein. So tauchten wir in die Welt der Frauen ein. Die Männer verließen die Küche, danach folgten 2 herzliche und feste Küsse auf die Wange und 2 Umarmungen, Cay aufgesetzt, die Musik aufgedreht und uns wurden Zigaretten angeboten. Wir tauschten Bilder unserer Liebsten aus, lernten zusammen deutsch und türkisch, mithilfe der Schulbücher der Nichte von unserer nun ´türkischen Tante´. Wir tauschten Nummern aus und als Abschiedsgeschenk bekamen wir noch 2 Tücher, die wir in den nächsten Nächten gut gebrauchen konnten. Es wurde kaaaaaalt! Wasser und Salomés Füße wurden über Nacht zu Eis. 

Ein Hirte war total aufgelöst, als wir auf 1600m im eisigen Wind campen wollten. „Allah, Allah!“ So hätte er für uns ein Schaf geschlachtet. Nach dankender Ablehnung, stand er eine Stunde später mit einem Bündel Feuerholz vor unserem Zelt.“ „Ates, ates!“ Wir, heiße Suppe schlürfend und eingekuschelt in unseren Schlafsäcken, mussten aber auch dieses Angebot dankend ablehnen. Doch freuten wir uns über dselbst gemachten Käse, Brot und Bohnen. 

Auf den zachen Gravelroads am nächsten Tag, wurde uns wieder warm. Bergauf, ab vom Fleck und zu weiteren Schafherden führte der Weg. Ins Schwitzen brachte uns nicht nur die sportliche Anstrengung. Fünf riesige, bellende und auf uns zu laufende Hunde ließen uns den Schweiss kalt den Rücken runter rinnen. Wie reagieren?! Absteigen, animalisch zurück brüllen, Stein in die Hand, notfalls werfen, mutig auf die Hunde zugehen, keine Angst zeigen, sich danach langsam fortbewegen und hoffen, dass die Hunde Abstand halten. Essen zuwerfen klappt oft auch zur Besänftigung. Sie hielten dann zum Glück Abstand und wir erreichten eine Fatamorgana. Einen Brunnen, verziert mit Bierflaschen! Sandra stellte enttäuscht fest, dass sich das Wasser noch nicht in Bier transformiert hatte. So können wir unsere Poser:innen Fotos auch nicht mit einem leichten Schwips entschuldigen. Macht euch selbst ein Bild von unserer fotogenen Seite. So viel sei gewiss: Auf dem Boden liegen macht sooo viel Spaaaaaasss! 

Weiter gehts, um 6 Uhr wird’s ja schon finster und wir verspüren um viertel nach 5 bereits eine leichte Unruhe, wenn noch kein guter Camping- Spot in Sicht ist und unsere Wasserflaschen noch nicht aufgefüllt sind. In einer kleinen Stadt wird uns von zwei Jungs ein Trinkwasserbrunnen gezeigt. Wir bedanken uns mit Schokolade. Großartig, Kleinigkeiten zurückgeben zu können. 🙂 Schlussendlich schlagen wir unser Zelt am Feld neben einer Zuckerrübenernte auf. Eh schon Wurscht – wir sind müde. Wir grüßten freundlich die vorbeifahrenden Autos, gestört hat es niemanden.

Am nächsten Morgen begeben wir uns auf die große Straße und brettern mit Musik im Ohr die letzten 90 km Richtung Sivas. Hungrig und auf der Suche nach etwas Essbarem, biegen wir in ein kleines Dörfchen ab. Fündig werden wir nicht, stattdessen wird uns von der Lehrerin des Dörfchens Cay und Turtle Cookies auf dem Silbertablett serviert. Soooooo cuuuuute! Wir merkten einmal mehr, dass wir ohne männliche Begleitung unterwegs sind. Die Männer des Dorfes brachten uns rasch je eine Handvoll Äpfel, ließen uns aber dann wieder mit den anderen Frauen alleine.

In Sivas angekommen, checkten wir in eine billige Absteige ein und machten dafür das gegenüberliegende Literaturkaffee zu unserem Wohnzimmer. Guter Kaffee und WLAN sei Dank: wir telefonierten, recherchierten und schrieben den Blog fertig (PS. Kann auch trotz gutem WLAN manchmal sehr mühsam sein – doch die Arbeit ist es wert ;). Sivas überraschte uns mit orientalischem Flair, wir besuchten die Gök Medrese, schlenderten durch die Stadt und beobachteten betende Männer Freitags vor der Moschee. Als krönenden Abschluss und nach den kalten Nächten im Zelt konnten wir es kaum erwarten, ins Hamam zu gehen. Enttäuschend stellten wir fest, dass für Männer und Frauen unterschiedliche Öffnungszeiten gelten. So wird das `Bayan Hamam´ bereits um 18:00 geschlossen, wobei das `Bay hamam´ bis 23:00 geöffnet ist. Punkt.

Zurück in unserem Zimmer, mussten wir feststellen, dass uns das Hotel unsere Wäsche feucht zurückgegeben hat. So nutzten wir jegliches Inventar, um die Wäsche aufzuhängen, bevor wir um 3:45 wieder aufstehen mussten, um den Zug nach Erzurum um 5:15 zu erwischen. Um 6:30 fuhr er dann tatsächlich los. Nach einem Hin und Her wurden wir und unsere Räder in die erste Klasse gestopft. Wo Salomés Lenkerhörnchen zum zweiten Mal abbrach. Doch genossen wir für 11 Stunden die an uns vorbeiziehenden schönen  Landschaften, schrieben Postkarten, bekamen vom Schaffner Cay geschenkt und hatten Zeit für gute Gespräche. 

Nach der Ankunft im eher tristen Erzurum, gönnten wir uns ein gscheites Hotel mit Frühstück. Die 24€ haben sich gelohnt 😉 

Es folgten 1 ½ Tage wunderschöne, sonnige Anstiege und Abfahrten, mit Blick auf Seen, Berge und Canyons. 

Danach folgten die 2 ½ gefährlichsten Tage unserer bisherigen Reise. Insgesamt fuhren wir 70km durch Tunnel (Türkisch= TÜNEL bzw. TÜNELI) Diese sind scheiß eng und im Gegensatz zu den großen Straßen der Türkei, fehlt der für uns wichtige Pannenstreifen. Zudem müssen wir uns nicht nur auf den Verkehr konzentrieren sondern auch der Lärmpegel wird im Tunnel um ein Vielfaches verstärkt. Die Tunnel standen für uns im krassen Gegensatz zu den Bergen, obwohl beide auf den ersten Blick karg erscheinen. Die erste Nacht verbrachten wir neben einer Tunnelausfahrt, mit Blick auf einen See. Wie sooft gibt es 2 Perspektiven. 

In der zweiten Nacht stellten wir fest, dass wir der Schwarzmeerküste immer näher kamen, es wurde zunehmend grüner und feuchter, aber auch wärmer. Trotz Feuchtigkeit konnten wir zum ersten Mal unseren Grumpy Stove füttern. Omnomnooom, da kommt Freude auf! 

Im ´Mastertünel´ (5km lang), wo sich die beiden Spuren aufgrund einer Baustelle vereinen, kam es zu einer sehr gefährlichen Situation. Anstelle, dass der LKW hinter uns langsamer wurde, forderte er uns mit Hupen auf, auf die Seite zu fahren. Doch da war keine Seite! Sandras Armbewegungen machten dies deutlich und in letzter Sekunde hörten wir den LKW abbremsen. So wurden wir nach dieser sehr brenzligen Situation aus dem Tunnel ausgespuckt – PUH!  

Ausgespuckt an die mit Teeplantagen gesäumte Schwarzmeerküste. 

Unsere letzte Nacht in der Türkei verbrachten wir bei Caner, unserem Warmshowershost, der im 11. Stock eines im ´Hang´ stehenden Hochhauses wohnt. Er meinte, die Auffahrt dahin sei steil. Wir dachten uns nur, ja ja wir haben schon viele steile Auffahrten hinter uns. Aber nein, so eine steile Auffahrt ist uns in unserem gesamten Leben noch nicht untergekommen. In unseren Heimatländern, wäre die Steigung ein Grund zur Klage. 😉 Zu zweit, jedes Rad einzeln schiebend, kämpften wir uns hoch. Die Mühe lohnte sich, wir verbrachten einen spannenden Abend mit Caner, welcher Arzt ist und gerade deutsch lernt. Er erklärte uns, dass er nach Deutschland wolle, da er sich dort mehr Perspektive erwartet. Im Yatzy hat er gewonnen 😉 

Am nächsten Morgen rutschten wir frisch geduscht, aber mit etwas kratzigem Hals, die feuchte Hauszufahrt hinunter. 

Auf geht´s Richtung Grenze! Wir schlängeln uns an unzähligen LKW´s vorbei und durch unsere seriösen Warnwesten waren wir in Nullkommanix in Georgien. Krass, eine Grenze überschritten und wir sind gleich gefühlt soooo viel weiter weg. 

In Batumi wurden wir mit Regen begrüßt, doch warmes Lobiani (ein mit Bohnen gefülltes Brot) verstärkte die Vorfreude auf das neue Land. 

Wir checkten in einem Guesthouse ein. Eine Stunde später stand auch Kevin da! Wir freuten uns wieder auf ´we are a group´ feeling, doch haben wir die 2 Wochen zu zweit sehr genossen.

Während Sandra krank im Bett blieb, erkundeten Kevin und Salomé mit zwei abenteuerlichen Franzosen, Batumi. Sie tauschte Geschichten bei georgischen Wein aus. Eine handelte von den klapprigen und viel zu kleinen Fahrrädern, die sie in Georgien gekauft und mit welchen sie die Schwarzmeerküste abgehandelt haben. Die Vielfalt des Radreisens lässt uns immer wieder schmunzeln!

Im Guest House lernen wir zudem unsere russischen „Nachbar:innen“ bei gemeinsamen Kaffee kennen. Während wir als Tourist:innen unsere (Heim-) Reise zurück nach Europa planen, gibt es für sie kein Zurück. Wir schätzen wieder einmal mehr unser Privileg. 

Sandras Husten wurde nicht besser und der entdeckte Schimmel an der Wand bewegte uns dazu das Guesthouse zu wechseln. 

Am Weg dorthin kauften wir das schiffförmige Brot, genannt ´Lavash´, kosteten das erste Mal Khinkali und Khachapuri. Das Menü wird aufgrund der schönen, geschwungenen Schrift zur Herausforderung. Kein Plan, was da steht 😉 Was für neue, spannende Geschmäcker!

Warum Batumi als Las Vegas des Kaukasus bezeichnet wird, wird uns beim Stadtrundgang klar. Ein Riesenrad, eingelassen in die Fassade eines Hochhauses, spricht für sich. Die sich bewegende ´Ali und Nino´ Statue hat uns dafür in ihren Bann gezogen. 

Bevor es ins Landesinnere geht, muss sich Kevin noch neue Unterhosen kaufen, denn Salomé hat seine letzte zerrissen und als Putzfetzen fürs Velo verwendet. (Zur ihrer Verteidigung, die Unterhose hatte bereits ein riesen Loch 😉

Sandra ist wieder halbwegs fit und wir setzen unsere Reise zu viert fort. Mit von der Partie ist Stefan, den Kevin zuvor an der Küste getroffen hat. 

Juppiiii, auf geht´s!

Wir sind gespannt, was uns in diesem Land erwartet und was noch möglich ist, ohne im Schnee zu versinken! 

Soviel vorne weg: Chacha wärmte uns! 

Gaumarjos!

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